anfang März entstand der feste Entschluss, einen Teil meines Urlaubes dem Wort Astro zu widmen. Geplant war, einen Platz zu suchen, der dunklen Alpenhimmel mit Mineraliensammeln verbindet. Er war auch schnell gefunden, ohne wirklich zu wissen was man da tut. Die Wahl fiel auf das Virgental in Osttirol. AUf der Karte sah es ja ganz nett aus, aber zum Spechteln würde man wohl einmal um das Lasölingmassiv zum Staller Sattel fahren müssen.
Die Woche davor war den Mineralien im Kaiserstuhl und Schwarzwald mit englischen Freunden gewidmet. Nach dieser Woche begann am Sonntag den 24.6 eine Höllenfahrt vom Kaiserstuhl nach Osttirol (durch den Schwarzwald, am Bodensee vorbei, das Allgäu queren, bei Reute ins Inntal, bei Wörgel nach Kufstein und dann via Felbertauerntunnel nach Matrei und ab ins Virgental, alles ohne Autobahn (die 50km in A vergessen wir mal)).
Als wir dort am Sonntag ankamen, bauten sich schon die schönsten Gewittertürme in den Wolken auf. Zu meiner Überraschung war das Tal auch sehr eng. Die Fahrt erfolgtre bei durchschnittlich 35° in praller Sonne und ich war fix und fertig. Wir gingen früh ins Bett, und lauschten den Blitzen und Donnern des tobenden Gewitters im Virgental. Irgendwann schliefen wir dann ein. So gegen 1.30Uhr warnte mich meine Blase: Entweder raus und pin... oder morgen der Wirtin irgendwas komischen erzählen. Ich entschied mich für die erstere Variante. Als ich mich dann so seelig auf der Toilette meines Wasservorrates erledigte, fiel mein Blick aus dem Fenster in den Himmel. Zappenduster! Also doch Wolken ohne Ende! Aber was soll Wega jetzt schon so tief im Nordwesten? Ich ging einfcah mal in den Garten der Pension und schaute gegen Westen. Was? So ein Haufen Wegas? Nun mein kleines Hirn arbeitet manchmal eben auf Sparflamme. Ein Blick gen Zenit offenbarte mir den schönsten Juppi, den ich je sah. Nur dieses elende weisse Wolke da will und will nicht verschwinden. Nun fingen meine Gehirnzellen an aufzuwachen. Juppi an Wolke, 7 Wegas, noch dazu in Form des Grossen Wagens, ich in den Alpen....wir müssen da mal was sortieren. Und dann verschluckte ich die erste Fliege, da ich seit ca. 2Min. den Mund nicht mehr zugemacht habe. Was sich da bot, haute mich um. Der Grosse Wagen so hell wie die Wega bei uns, Juppi als Scheinwerfer im Südwesten, eine Milchstrasse wie mit dem Kreidepinsel gemalt und Details in der Milchstrasse wie ich sie noch nie gesehen habe. Selbst kleine Staubwolken hoben sich sehr kontrastreich ab. Ich hechtete also zum Auto und wühlte das Fernglas hervor. Dann ein Blich zum Schwan. Herrje, wo ist der denn. Da, neee, dort, auch daneben. Vor lauter Sternen konnte ich kaum den Schwan ausmachen, obwohl ich ziemlich genau wusste wo er zu stehen hat.
Dann vergass ich, dass ich etwas locker bekleidet mitten auf der Dorfstrasse stand, so sehr hat mich der Anblick im Fernglas fasziniert. (Merke: In den Alpen stets mit Abendgarderobe ins Bett!)
Aber ich war zu Müde um dem Schauspiel die gebührende Aufmerksamkeit zu widmen. Ich verkroch mich wieder ins Bett.
Am Montag, einem phantastisch schönen Tag passierte was passieren musste. Gewitter der unheimlichen Art am Abend. Was ich damit meine? Als ich mir die Milchstrasse so betrachtete machte es auf einaml Flash. Sekundenbruchteile weisses Licht, dann war alles wie vorher. Hei, was soll das, ich bin doch gar nicht zu schnell gefahren, menno, ich sitze nicht mal im Auto!
Nun, ich habe schon eine Menge Gewitter gesehen, aber noch keines in einem mag. 6.3 Himmel mit ungewöhnlich guter Transparenz. Aber Gewitterleuchten überall. Sekundenbruchteile ist der Himmel weiss um danach wieder die Pracht der Milchstrasse zu zeigen. Da das Wetterleuchten direkt über uns stand, habe ich nicht aufgebaut, sondern bin mit dem Fernglas am Horizont auf Schatzsuche gegangen. Zielobjekt: Schütze. Ok, der Schütze war aus der Tallage fast ganz hinter den Bergen, aber 2 Grad über der Bergkante sah man schon den Lagunennebel mit Details im Fernglas. Mit blossem Auge war er auch gut zu erkennen. Dann ging es Richtung Zenit. Trifid, Omega und Adler waren alle leicht und superdeutlich wie der Lagunennebel zu erkennen. Ich schaute dann mal nach dem Nordamerika-Nebel. Deutlich ist kein Ausdruck, aber das der so groß ist, hat mich doch etwas überrascht. Und selbst der Cirrusnebel und Sturmvogel waren schwach im Billigfernglas zu sehen.
Jetzt verstehe ich die Leute, die Anfängern ein Fernglas empfehlen. Das ist der Hit...wenn der Himmel stimmt.
Am Dienstag war dan Schluss mit Lustig. Jetzt wird aufgebaut. Ich suchte mir einen Platz in etwa 1300m Höhe (Wanderparkplatz Wallhorn). Leider bietet der Platz aufgrund der Bäume im Norden nur für 2-3 Teleskope Platz (ohne die Bäume wären gut 50 mit Autos möglich), aber dafür stand der Schütze jetzt super im Süden. Was mich wieder erstaunte, war die Transparenz der Luft. Deutlich waren die ersten Ansätze des Milchstrassenbulgs zu sehen, zumal dieser fast doppelt so hell leuchtete wie die Milchstrasse selbt. Und das am Horizont! Normalerweise habe ich in 15min incl. Einnorden aufgebaut. Am Dienstag dauerte es 45 min. Immer wieder schaute ich nach oben und entdeckte neue Strukturen in der Milchstrasse.
SO: JETZT WIRD GESPECHTELT UND FOTOGRAFIERT. Das Spechteln ansich war ein Genuss der besonderen Art. Visuell im 8"er f5 Newton waren in allen Schützennebeln detailreiche Strukturen zu sehen, halt so, wie bei uns im Ruhrgebiet eine weniger gelungene Aufnahme sie zeigen würde, eben nur ohne Farbe. Die Dunkelwolken waren kein Problem, und selbst der Lagunennebel zeigte bei 150fach schon die Globulen. Die Fotografie fiel an diesem Tag aus, wegen Seeing. Eigentlich ziemlich unverständlich, eine Transparenz zum Träumen und wabernde Sterne zum bekotzen. Interessanterweise wurde das Bild nicht einfach matschig, sondern es verschob sich einfach. Im Fadenkreuz hatte ich einen "seeingbedingten Schneckenfehler" von gut 40 Bogensek. Das war nicht mehr auszuguiden, so sehr ich mich auch bemühte. Also verstärkte ich mein visuelles Engagement.
Auch hier musste man sich bei stärkeren Vergrößerungen anstrengen um den "Flitzesternen" zu folgen, aber es war ein leichtes auch Details in den Nebeln im Schwan und Schütze auszumachen. Kaum zu denken was man sähe wenn man hier mal eine Winternacht verbringt.
Am Mittwoch wurde dann endlich fotografiert. Im östlich gelegenen Tauerntal tobte ein Unwetter mit Blitz und Donner, Im südlichen Defreggertal genauso, aber bei uns im Virgental war ein Himmel zum träumen. Die Entfernungen sind übrigens immer so um die 25km Luftlinie zu den Gewitterkernen in den Nachbartälern. Sieht geul aus, Blitz und Donner und 10° darüber die leuchtende Milchstrasse.
Jetzt wurde mir klar, welch idealen Standort ich hatte. Kommt der Wind von Norden, fängt das Venedigermassiv fast alles ab.
Kommt er aber von Westen, wirken die Eispanzer der Zillertaler Alpen und der Venedigergruppe wie ein Kühlschrank. Parallel zu dieser Bergkette bildet sich dann eine schmale Zone mit trockener und beruhigter Luft. Wind von Westen bleibt am Großglockner kleben und Wind von Süden ist schlich gesagt nicht erwünscht. Denn dann gibt es Regenwetter. Die grosse Nähe zum Venedigermassiv, das Virgental liegt direkt an seinen Südhängen, sorgt wohl immer für ein gutes Klima.
Die Nacht von Donnerstag auf Freitag wär der vom Mittwoch ähnlich. Fotografisch bescheiden, visuell für den Flachlandtiroler ein Traum. Übrigens empfiehl es sich in steilem Gelände die Autobremse gut anzuziehen und einen Gang einzulegen, sonst hechtet man seiner Karre hinterher! Ups, das wäre beinahe schief gegangen.
Und dann kam die Nacht von Freitag auf Samstag. Last Chance. Seeing ziemlich mässig, Transparenz kaum zu schlagen. In der Nacht war sogar NGC7000 indirekt mit dem blossen Auge zu sehen. Hier im Pott sehich die nicht mal auf nem Photo!!!!!!
Das einzige Problem war, das Seeing versuchen auszuguiden. Dicke Sterne wird es wohl geben, aber mal sehen wie das mit den Details wird.
Der erste versuch an dem Lagunennebel zeigte: Mehr als 4min. ist nicht drin, sonst brennt das Zentrum aus.

Das ist eine addierte Aufnahme aus zwei Bildern a ca. 3-4min. mit der Canon300d bei 800ASA durch meinen 8"f5-Newton chinesischen Massenfertigung. Geguidet wurde durch den ED80 mit 12mm-Fadenkreuz auf 2fach Barlow.
Analog zu obigen Bild ist das Bild des Trifid-Nebels entstanden.

Beim Omeganebel habe ich drei Bilder a 3min. addiert.

Als letztes Objekt im Bereich des Schützen fummelte ich am Adlernebel herum. Hier habe ich auch drei Bilder addiert, mehr hatte ich einfach nicht.

Nach dieser gelungen Session widmete ich mich den Rest der kurzen Nach noch dem Schützen.
Sturmvogel, ein Teil des Cirrus-Komplexes. auch hier wurden nur drei Aufnahmen a 3-4min. addiert.

Na ja, den anderen helleren Teil hab ich nicht gefunden, einfach zu viele Sterne im Sucher.
Also hab ich mich noch mal an dem Nordamerikanebel versucht. Diesmal hing die 300D aber an dem ED80 und geguided wurde mit dem Newton.
Die Belichtungszeit betrug bei den zwei addierten Aufnahme so um die 5 min. je Bild. mehr war nicht drin, denn erstens war das Guiden sehr anstrengend, und die Nacht sehr kurz. Und wenn man schon mal so einen Himmel hat, dann wollte ich soviel wie möglich erhaschen.

So gegen 3.30Uhr, ein leichte Blauschleier kündigte den neuen Tag an, versuchte ich schnell noch eine Aufnahme von M31, der grossen Galaxie in der Andromeda, nur mal sehen was so gehen könnte wenn...ja wenn die Nach länger, es Oktober wäre und ich hier stehen könnte.

Nach dieser Nacht stand für mich einiges fest: Wiederkommen ist Pflicht und zwar zu jeder Jahreszeit. Dieser Himmel ist eine Offenbarung. Und zwischen den besuchen versuchen wir das beste aus dem Ruihrgebietshimmel zu holen.
z.B. den Bubble-Nebel, am 2.7. in Lembeck aufgenommen. 6 Bilder a 3min. bei 800ASA. In den Alpen hab ich den Hund zum verrecken nicht gefunden, einfach zu viele Sterne!

So, das war einer meiner berüchtigte Monsterpostings. Wer es bis hier geschafft hat, der fand es wohl nicht allzu langweilig.
Danke für die Geduld und bis bald
Ulrich