Gestern, am Abend des 6.Oktober 2004, hielt ich es nicht mehr länger aus?..
Mittags war ein Paket angekommen, tja, ich habe mal wieder in Zubehör investiert. Inhalt des Päckchens: Ein fettes 2? Okular mit 30mm Brennweite und wie es auf dem japanischen Boliden steht, mit 84° Gesichtsfeld. Wobei die Masse der Anwender sagt, es seien mindestens 90° scheinbares Feld. Es wiegt rund 480Gramm auf unserer Küchenwaage und macht mechanisch einen sehr guten Eindruck. Es handelt sich um eines der berühmt-berüchtigten 30mm-WideScan III-Okulare. Daneben fand sich noch ein schlichtes, rundes, etwa 56mm im Durchmesser messendes Plastikdöschen mit einem heiß ersehnten Teil, einem 2? OIII-Filter namens Bandmate, von der Nobelfirma TeleVue, das in letzter Zeit hie und da, besonders in den USA, recht gute Kritiken bekommen hat. Es ist ein dielektrischer Filter und sieht dem Astronomik OIII sehr ähnlich, hat mich aber gut 36? weniger als das deutsche Pendant gekostet (gemeint ist Astronomik by Gerd Neumann und Sven Vesting). Wie die Baader-Dielectrics in OIII oder UHC wird dieser Filter auf planpoliertem BK7-Glas mittels Ion-Beam-Technik im Hochvakuum schichtweise draufgesputtert, also mit modernsten Herstellmethoden gefertigt. Dadurch entsteht eine sehr harte, nahezu kratzfeste und abriebbeständige Beschichtung, im Gegensatz zu der älteren CVD-Technik, mit der z.B. der Lumicon hergestelt wird, dessen weiche Schichten zwischen zwei Glasplatten geschützt werden müssen.
http://www.televue.com/engine/page.asp?ID=216
Genug der Theorie.
Es hatte mich also gepackt und ich baute abends flugs die massiven 1,3Meter Buchenholzbeine mit der EQ-5 und dem MT1-Motor, nebst der ollen Vixen MD6 RA-Steuerung auf meinem Balkon auf. Gegen 20Uhr zogen noch fleißig die Wolken, vielleicht war ich ja zu optimistisch, aber der Wetterbericht hatte teilweise aufgelockerten Himmel in der Nacht versprochen. Ab und zu eine Lücke, aber es sah nicht gut aus. Es war ja gestern Letztes Viertel, Bürgerliche Dämmerung gegen 20Uhr13 und Astronomische Dämmerung schon wieder um 20Uhr50, Kinder wie die Zeit vergeht, vor Kurzem war es erst nach 22Uhr etwas dunkler?.. Der Mondaufgang sollte erst gegen 23Uhr16 stattfinden. Ich hatte also gut 2 Stunden Zeit zum Ausprobieren.
Die Lichtverschmutzung in der Nachbarschaft hielt sich in Grenzen, na klar, einige Nachbarn zur Rechten hatten noch erleuchtete Fenster mit TV-Lichtspielen, aber mein Kronleuchter-Blender gegenüber blieb dunkel. Denn leider ist der ?Gute? vor etwa 2 Wochen plötzlich verstorben, aber seine Lebensabschnittsgefährtin vertritt ihn normalerweise mit der Beleuchterei, jedoch normalerweise bis maximal 22Uhr30 oder 23Uhr und nicht mehr bis nach Mitternacht. Sie ist aber offensichtlich zur Zeit außer Haus, wie schön von ihr.
Gegen 21Uhr20 wurden die Wolkenlücken größer und aus dem Westen kamen nur noch kleine Wölkchen, wie man in der Ferne sah. Also schnell den TS-102/660mm FH-Refraktor in die Schellen geworfen, 2? Zenitspiegel rein und auf Alpha Aquila als Ausgangspunkt gerichtet.
Und warum kein TAL-Teleskop???? Ganz einfach, die haben doch beide keinen 2? Auszug!!!
Von Altair oder Atair aus geht?s mit meinem TS-WA 32mm, 2?, zu M27, einfach 8 R.A.-Minuten weiter und etwa 13,5° aufwärts. Ja, da isser, etwas verloren im 67° Gesichtsfeld (wahres GF etwa 3,5°) und 20,6facher Vergrößerung, die AP ist etwa 5mm. Mit dem neuen OIII (die M48-Filter-Gewinde passen super, ohne zu klemmen oder zu rappeln oder gar heraus zu fallen. Nein, die Passung am 2? TS-Okular sitzt perfekt) wird M27 schön hell und kontrastreich aber winzig abgebildet.
Jetzt mal das Widescan III probieren! Premiere am TS Refraktor, Woooooooow, 90° Gesichtsfeld, Massen Feld bis zum Rand und: Irgendwie sehen die fokussierten Sternchen kleiner und feiner aus als im TS-SW!!!!!!!!
Tatsächlich, die Sternchen sind definitiv feiner!!!!! Und zirka 5% des Randbereiches sind stark verzerrt und nicht zu gebrauchen, in weiteren 15% etwa sind die Sterne noch aufgeblasen, aber gut 80% des Bildfeldes sind tadellos, feine Sternchen und keine Bildfeldwölbung mehr. Und damit findet sich das WSIII in guter Gesellschaft, ähnlich bildet das 25mm TAL-Königs-Plössl oder auch mein 15mm TS-SW 65° (gleich Antares Ultrawide oder Orion Expanse) Okular ab. Also nix zu meckern bei f/6,5! Das TS-WA 32mm 2? hat ebenfalls einen unscharfen verzerrten Rand von etwa 10% bei diesem Öffnungsverhältnis?.und das bei 67° Gesichtsfeld! Also brauchbare 72-75° gegen etwa 60° beim TS-WA32mm?.
Mit dem 2? OIII-Filter arbeitet das 30mm WSIII super, das Gewinde passt, wie es passen muss, noch satter als beim 2? TS-WA, die Sternchen sind nadelfein fokussierbar, nur kleine blaugrüne Pünktchen, keine Doppelwesen in grün und rot?
M27 ist mir aber als einziges Testobjekt zu trivial, eine RA Stunde an der Skala nach Osten und auf +44°20 Minuten gestellt, sehe ich einen bekannten Asterismus ganz in der Nähe von Deneb, nur etwa ein Grad östlicher, den kleinen Orion. Durch den Z-Spiegel zwar aufrecht, aber seitenverkehrt. Und mit dem OIII und über den Kopf gezogener schwarzer Jacke sehe ich noch etwas: Nebelkonturen!!
Jaaaa, es ist gelungen, sie sind einfach da! Die Nebelkonturen von NGC 7000, dem Nordamerika-Nebel. Ganz deutlich der Golf von Mexiko, aber auch Alaska-Canada, Südstaaten, Californien mit dem Panama-Isthmus, einfach alles! Und das bei einer fst von knapp 5,0-5,2mag, wie ich kurz feststellen kann.
Das gut 4° große wahre Gesichtsfeld bringt?s, mit dem 1,25? UHC (ca. 2° GF) hatte ich bisher keine Chance, das zu erkennen!
Auf das TS-WA gewechselt, stelle ich fest: Im WSIII kommt der NA-Nebel besser, im Bereich Pelikannebel ist im Japaner was zu erahnen, im TS-WA nicht.
Einbildung??? Drei oder viermal hin und her gewechselt, der Eindruck bleibt!! Das japanische WideScan III hat offenbar eine bessere Transmission als das 6 linsige TS-Erfle..
Das 1,25? Astronomik UHC im 25mm TAL-PL verhält sich schwieriger, jetzt da ich es weiß, bemerke ich auch die Konturen der Mexikobucht, aber ohne den Anblick im WSIII mit OIII vorher wär?s mir wahrscheinlich gar nicht aufgefallen!!
Und der andere Nebelkandidat im Schwan???
Zack, einfach auf 32° Dek eingestellt und schon ist der Bogen des östlichen Cirrus-Nebels, NGC 6992/95 drin, im Okular. Na, da stören aber ein paar Reflektionen und Spiegelungen auf der Oku-Augenlinse, einer der nördlich liegenden Nachbarn hat seinen Kronleuchter eingeschaltet. Das muss man sorgfältig Abschirmen, mit der Hand und der Jacke, dann geht?s!! Schade, so richtig Feinstrukturen kommen nicht, es ist zur Zeit auch wieder dunstiger?der vorhin noch klare Himmel ist jetzt mit ein paar Wölkchen erfüllt. Der westliche Teil des Zirrus (NGC6960) gelingt mir nicht mehr, auch beim außerhalb des Gesichtsfeldes Stellen von 52Cygni?.
Zum Schluss, ehe die Wolken wieder über mir zuziehen, schnell zu R.A. 22Uhr30 und Dek -20°48??..da ist aufgehellte Horizontsuppe mit ein paar helleren Sternchen, eine schräge Fünferkette mit 4 mal 9mag Sternchen und einem mit 7mag verraten mir, dass ich hier richtig bin. Unter dem Ende mit den drei schwächeren 9mags nach langer Integrationszeit unter der dunklen Jacke ein äußerst schwacher, aber recht großer, runder Blob, NGC 7293, der Helixnebel im östlichen Aquarius!! Mehr indirekt als direkt zu erhaschen. Das 25er TAL-Plössl (AP 3,9mm) bringt keine Verbesserung der Sichtbarkeit gegenüber dem 30mm Okular (4,6mm AP). Der Dunst ist einfach leider zu aufgehellt. Und der gute Mensch mit dem Kronleuchter leuchtet immer noch, das nervt doch sehr. Na, für heute gebe ich es mal dran und höre auf, es ist auch jetzt schon 23Uhr30, der Mond ist bereits aufgegangen!! Aber ich bin voll zufrieden!! Der TV-OIII macht sich bestens im Vierzöller! Also nicht nur etwas ab 6" oder 8", es kommt reichlich Lichtenergie an und durch..Schöne Sachen habe ich mir da schicken lassen!
