Vistas Mallorquinas (First Light WO 72/432)

Alles was noch mit dem guten alten "Auge" erfasst wurde.

Moderator: Werner

Antworten
Benutzeravatar
Syrtis Major
Beiträge: 531
Registriert: Samstag 28. Januar 2006, 12:03
Wohnort: Schwarzenburg (CH)

Vistas Mallorquinas (First Light WO 72/432)

Beitrag von Syrtis Major »

Hola Freunde der Nacht,

vom 23.2. bis 8.3. waren wir auf Mallorca. Mit im Reisegepäck war mein frisch erworbener William Optics 72/432 Halb- oder Dreiviertel-Apo mit etwas neuem Zubehör wie einem Baader UHC und einem TSWA 38 und Vixen LVW 22.

Bei tagsüber mehr als brauchbarem Wetter (11 von 13 Tagen Sonne und zwischen 17 und 19°C Lufttemperatur) bestand fast durchgehend ein leichter Hochnebel- und Cirrenschleier, nicht jedoch am 1.3., sodass ich wenigstens Gelegenheit zum First Light hatte.

Gewohnt haben wir im Südosten im netten kleinen Landstädtchen Santanyi und so bot es sich an, auf den mit 509 m höchsten Berg der Serra de Llevant, den San Salvador, zu fahren und sich auf dem dortigen großen Parkplatz neben dem Kloster aufzustellen.

Lichtverschmutzung ist leider auch auf Mallorca ein Thema und so war die Grenzgröße im Bereich UMi nicht besser als 5m8 oder 5m9 - bedingt durch die Lichtglocken von Städten wie Felanitx und Manacor, in gleicher Höhe Richtung Süden war es spürbar besser mit etwa 6m2 bis 6m3. Hier zeigte sich auch eine schön helle Wintermilchstraße, die Sternhaufen wie M35, M47 und NGC 2244 problemlos mit bloßem Auge erkennen ließ.

Begonnen habe ich meine Tour im Fornax, wo sich der große planetarische Nebel NGC 1360 befindet. Auf Mallorcas geographischer Breite kommt er wenigstens rund 25° über den Horizont, erwischt habe ich ihn bei Eintritt der Dunkelheit leider bereits deutlich nach der Kulmination auf ca. 15° Höhe. Nach einigen Orientierungsproblemen - schließlich sieht man eine Menge Sterne, die es in Sonsbeck nicht gibt :wink: - war schließlich der Einstieg über die Sternkette des Eridanus gemacht und ein schwaches Nebelfleckchen zwischen zwei ebenfalls schwachen Sternen gefunden. Es ließ sich sogar die unregelmäßige Helligkeitsverteilung innerhalb des Nebels angedeutet wahrnehmen.

Gestärkt durch diese erfolgreiche Erstsichtung versuchte ich mich danach an den Reflexionsnebeln der Plejaden. Im TSWA 32 und viel indirektem Sehen tauchte ein schwacher Hauch um die hellsten Plejadensterne auf, die Optik war zu diesem Zeitpunkt (noch) nicht beschlagen, sodass ich stark davon ausgehe, mir diese Sichtung nicht eingebildet zu haben. :wink:

Bereits bei den Plejaden fiel mir das enorm große Gesichtsfeld auf, ca. 5° im TSWA 32. So passte neben h und chi Persei noch locker Stock 2 ins gleiche Gesichtsfeld, auch das Schwert des Orion hatte beeindruckend viel Feld drumherum. Der Orionnebel selbst zeigte unter diesen verglichen zu Sonsbeck guten Bedingungen noch nicht gesehene Details, insbesondere der Nebelbogen bei iota Orionis war deutlich zu erkennen. Bei gutem Seeing und hoher Vergrößerung war auch die Zentralregion trotz der kleinen Öffnung wirklich sehenswert, ich meinte sogar am Trapez gelegentlich ein schwaches, fünftes Sternchen aufblitzen zu sehen…

Zwischenzeitlich stand Puppis kurz vor der Kulmination und so machte ich mich auf die Suche nach NGC 2451 und 2477, zwei benachbarten offenen Sternhaufen, die von Mitteleuropa aus unbeobachtbar tief am Südhimmel stehen. Dank "Karkoschka-GoTo" und großem Gesichtsfeld schnell gefunden (für dieses kleine Fernrohr braucht man wirklich keinen Sucher) waren die wenigen, aber dafür hellen Sterne von NGC 2451 bereits bei 13,5x voll aufgelöst, NGC 2477 hingegen nur ein heller Nebelfleck, der im jetzt erstmalig eingesetzten TSWA 38 bei 11x nochmals deutlich heller wurde. (Offenbar kann ich also auch eine Austrittspupille von über 6 mm sinnvoll ausnutzen - *freu*.) Erst bei höherer Vergrößerung (72x) blitzten vier Einzelsterne aus dem nebeligen Hintergrund der zahlreichen 11m-Sterne hervor, hier machte sich offensichtlich die Extinktion durch den niedrigen Horizontstand bemerkbar. Aber immerhin - gesehen ist gesehen.

Wieder mit dem TSWA 38 im OAZ ging es dann mit gut 6° Gesichtsfeld nordwärts Richtung Cr 140 und M41, danach zu M46 und M47, die wunderbar miteinander kontrastierend in der Milchstraße glitzerten. Ich mag mich wiederholen, aber es ist wirklich ein Genuß, mit diesem riesigen Gesichtsfeld durch die Milchstraße zu surfen und unterwegs zum eigentlichen Ziel über kleine Sternenknötchen zu stolpern, die irgendwelchen namenlosen Sternhaufen entsprechen dürften.

Danach ging es zurück in den Orion, denn ich wollte unbedingt den Flammennebel NGC 2024 probieren, den ich bis jetzt im 8''-Dobson in Sonsbeck noch nicht "knacken" konnte. Zunächst mit dem TSWA 32 probiert war wieder einmal Fehlanzeige. Also setzte ich erstmals das neu erworbene LVW 22 von Vixen ein und hatte endlich ein Erfolgserlebnis. Das schwache, zweigeteilte Nebelwölkchen ließ sich eindeutig wahrnehmen, allerdings muß Alnitak wirklich weit genug außerhalb des Gesichtsfeldes stehen, er ist einfach viel zu hell. Der entscheidende Unterschied zwischen beiden Okularen dürfte IMHO die Randschärfe sein. Das LVW 22 ist am f/6-Refraktor vollständig randscharf, das TSWA 32 verliert auf den äußeren 15% deutlich und genau in diesen 15% liegt der Flammennebel und wird offensichtlich bis zur Unerkennbarkeit verzerrt. Im TSWA 38 übrigens fällt die Randunschärfe deutlich geringer aus als im 32er und so konnte ich den Nebel dann auch in diesem Okular erkennen. Falls sich das am 8''-Dobson bestätigen sollte, dann hat das TSWA 32 definitiv ausgedient.

Den erzwungenen Abschluß des Beobachtungsabends bildeten die drei Fuhrmann-Haufen M36, M37 und M38, die übrigens so gerade eben noch gemeinsam ins Gesichtsfeld des TSWA 38 passten. Danach wollte ich am Rosettennebel den Baader UHC-Filter einweihen, doch schossen urplötzlich dichte Nebelfetzen über den Parkplatz und beschlugen Optik und Okular in Sekundenschnelle. Eine etwas unheimliche Stimmung breitete sich aus (ich habe wahrscheinlich schon zu viele schlechte Filme gesehen…) und auch der Blick ins Tal mit den hinaufwabernden Schwaden machte für die Transparenz der zweiten Nachthälfte wenig Hoffnung, sodass ich pünktlich zur Geisterstunde meinen Krempel einpackte und heimwärts fuhr.

Leider ergab sich wetterbedingt keine Gelegenheit für einen zweiten Anlauf, aber die Anschaffung des kleinen Refraktors hat sich auf jeden Fall gelohnt. Die Optik zeigt refraktortypisch nadelfeine Sterne, vom Restfarbfehler habe ich an Rigel bei 86x nichts bemerkt. Das erzielbare Gesichtsfeld ist schlicht und ergreifend grandios. Der OAZ ist mehr als solide, einzig und allein die Taukappe hätte etwas länger ausfallen dürfen, das Objektiv beschlägt doch relativ schnell. Aber vom Preis-Leistungsverhältnis her gibt es überhaupt nix zu meckern.

Bis bald auf'm Berg oder beim Stammtisch (gute Idee, Werner) :)
Gruß und CS

Volkmar
Antworten