Hallo Mathias,
da ich gerade etwas zu wenig zu tun habe, will ich noch einmal meine Gedanken zur Kontrastübertragung zusammenfassen...auf a.de war die Frage wohl zu anspruchsvoll! Wäre besser gewesen Du hättest gerfagt:
Was bringt eigentlich mehr, ein 40% obstruierter Newton, ein 40% abgeblendeter Refraktor oder eine 40% überteuerter Apo auf einer EQ-6 mit Rajiva-Steuerung". Dann wäre es lustig geworden, Du wärst jetzt gesperrt und wir hätten alle was zum gackern!
Es ist egal, ob wir jetzt über eine Spiegeloptik oder eine Linsenoptik reden.
Eine unobstruierte Optik fokussiert alles Licht in einem Punkt, genannt den Apo-Takahashi-Punkt

...öhhh...Fokus..idealerweise.
Wenn nun eine Fehlerquelle wie z.B. ein Fangspiegel in den Strahlengang gebracht wird, entsteht an den Kanten des Fangspiegels Beugung. Beugung heist, daß ein Teil des Lichtes abgelenkt wird und somit nicht im Apo-Takakashi-Punkt gebündelt wird, sondern irgendwo davor oder dahinter. Das Licht trifft somit auch auf den Chip und erzeugt einen "Hintergrund" oder "Helligkeitsschleier".
Die Größe des Fangspiegels, und damit die Größe seiner zur Beugung fähigen Aussenkante, ist proportional zur Lichtmenge die im System nicht den Fokus trifft. Auch die Spinne trägt dazu nicht unerheblich bei. Die sogenannten "Curved-Spider", also gebogene Spinnen verschmieren nur die Hauptrichtung der Beugung, also die Spikes auf Kosten größerer "Höfe" um helle Sterne. Das wäre ein Kontrastverlust übelster Art am Objekt, da jeder Punkt einen solchen Hof bekommt...er ist halt manchmal nur sehr schwach, schmirgelt aber alles zuverlässig zu.
Jetzt stellt sich die Frage, wie groß denn die Lichtmenge ist, die durch Beugung im System umhergeistert.
Ich will es mal so dagen: Wenn visuelle Beobachter den Unterschied von einem 17%-Obstruierten System zu einem 30%-obstruierten System deutlich sehen, dann kann die Lichtmenge nicht allzu klein sein.
Das Problem wird immer größer, je mehr "helle" Objekte im Bildfeld sind. Also 2-3 Wegas, oder der Sonsbeck-Himmel, kleistern Dir den Hintergrund zu. Bei sehr kleinem Feld, also z.B. bei der Fotografie von Galaxien mit 2m und mehr, spielt dagegen die Obstruktion wiederum kaum ein Rolle.
Die Obstruktion wird dann augenscheinlich wirksam, wenn es um feine Details geht, die nur schwach aus dem normalen Hintergrund herausragen, also z.B. feine Nebeldetails. Wird hier ein Schleier via Obstruktion über das Bild gelegt, ist die Erkennung dieser Details erschwert bis unmöglich, zumal auch der Himmelshintergrund diesen obstruktionsbedingten Schleier erzeugt. Logischerweise bei einem durchschnittlichen mag-4-Himmel wie bei uns stärker als in den Alpen.
Umgekehrt habe ich noch nicht betrachtet, ob der Detailverlust durch Obstruktion größer ist als die durch unser Seeing. Das spielt aber keine Rolle, denn der Detailverlust durch obstruierte Systeme addiert sich immer auf den seeinginduzierten Detailverlust auf.
Kurzes anderes Beispiel: Strehlt 0.5 heist, daß nur 50% des Lichtes im Zentrum des Beugungsscheibchens konzentriert werden. Der Rest ist in den Beugungsringen...laut Theorie. In der Praxis heist das, der Stern wird aufgebläht und die Trennung von Doppelsternen wird schlechter. Die Auflösung des Teleskopes sinkt. Eine Änderung sehen wirst Du dann trotzdem nicht, denn solange die Auflösung unter dem Seeing bleibt ist alles ok. Dennoch wird man den 0.5er Spiegel weit weit weg werfen, weil eben die restlichen 50% leider nur in der Theorie in den beugungsringen stecken. Tatsächlich stecken da nur 20% und 30% eiern irgendwie durch dein Teleskop. Das Bild wird matschig, flau!
Genau diesen Effekt erzeugt auch Obstruktion, es macht aus deinem mühsam handselektierten Massenspiegel mit 0.81er Strehl einen Rasierspiegel der Extraklasse!
Auf die Fotografie hat das alles erst einmal keine Auswirkung, denn sowohl der Obstruktionsschleier als auch das Signal werden gleichlang aufaddiert, d.h. der Helligkeitsabstand ändert sich nicht wirklich. Im Prinzip wird sogar das Rauschen abgesenkt, da die Pixel eine "Grundladung" erhalten.
Nun gilt es eine Entscheidung zu treffen, was wichtiger ist: hochobstruiertes System mit 100%-Ausleuchtung oder geringe Obstruktion mit geringerer Ausleuchtung.
Ich wil mal ein Beispiel nennen:
Man will eine Hasselblad-Mittelformatkamera an einen Newton hängen. Das führt zu einer 70%-Obstruktion...oder etwas in der Größenordnung. Klappt nicht, da die Eigenschaften eines simplen Newton dazu nicht in der Lage sind das Mittelformat gescheit auszuleuchten. Das würde wenn überhaupt nur an Refraktoren mit aufwendigen Korrektoren bzw. Kletzov-Cassegrains mit optimierter Mangin-Linse, was nichts anderes als ein Refraktor in einem Cassegrain ist, gehen. Dummerweise funktioniert das aber auch nur mit langen Brennweiten und damit mit relativ großen Sternspots in dem relativ kleinen real abgebildeten Feld.
Hängt man aber eine WebCam-size-Kamera an den OAZ eines Newton, kann ich das auszuleuchtende Feld auf 30% reduzieren, und damit die Obstruktion auf weit unter 15% drücken. Das Signal-Schleier-Verhältnis wird deutlich besser.
Unsere Kameras knipskistenmäßiger Abstammung, gleich welcher Bauart, liegen irgendwo dazwischen.
Nimmt man aber eine Vignettierung dadurch in Kauf, daß man die Fangspiegelgröße nach dem Feld der 85-90%-Ausleuchtung bestimmt, kann man die Obstruktion minimieren und bekommt trotzdem ein Bild, das noch vertretbar softwaremäßig korrigiert werden kann. Die Vignettierung bestimmt somit die maximale Größe des abzubildenden Gesichtsfeldes.
Unter "alpinen" Himmel wird die Vignettierung durch den Unterschied 90%-100%-Ausleuchtung wensentlich weniger stark sichtbar, da die normale Hintergrundhelligkeit stark abnimmt. Unter ATACAMA-Bedingungen würde die Vignettierung warscheinlich ausschließlich durch das Obstruktions-Geisterlicht verursacht. Deswegen sind auch Teleskope in optimalen Standorten davon wesentlich weniger betroffen als wir mit unserer grau-in-grau-Suppe da oben. Das heist aber auch wieder, das Refraktoren für unsere Gegend eigentlich besser geeignet wären wenn es sie bezahlbar gäbe.
Nun ist guter Rat teuer. Ich würde daher einen Mittelweg gehen und lieber die Obstruktion etwas drücken und dafür nur einen Teil der Chipfläche nutzen (ca. 3/4), so als ob der Chip eben nicht größer wäre. Das ist zwar ärgerlich, aber man bekommt ja keine kleineren Chips mit den von uns gewünschten Eigenschaften.
Anders ausgedrückt:Es gibt diesen fatalen Hang dazu, erst zufrieden zu sein, wenn endlich das Kleinbildformat in der Chipfläche erreicht ist. Wozu das Nutze sein soll ist mir schleierhaft. Chipflächen, die zu den gebräuchlichen Teleskopen passen mit Pixelgrößen die zu den Brennweiten passen wäre wesentlich sinnvoller.
So genug gesabbelt. Der gute Mathias ist zwar jetzt total verunsichert, aber es gilt leider immer noch die alte Regel: Es gibt leider keine eierlegende Wollmilchsau, bzw. einen nichobstruierten Newton mit 100%-Feld auf Mittelformat und Clear-Sky-Garantie, noch nicht einmal den Vollapo in 8" für unter 1kEuro.
Daher mein Tip an Mathias: Optimiere Schrittweise. Vom Optimieren hab ich was weg. Ich optimiere solange, bis Du den Krempel wegschmeissen kannst....hi JüLü!
CS
Ulrich
PS: dürfte mein mit Abstand längstes Posting sein!!!!
Kein Stern ist so rund, daß ich ihn nicht eirig kriege und außerdem: schmutzig ist putzig!