Autoguiding - aber wie?

alles was nicht in die oberen Rubriken reinpasst...

Moderator: Werner

Antworten
Benutzeravatar
Geronimo
Beiträge: 230
Registriert: Sonntag 18. Februar 2007, 21:41
Wohnort: Niederkrüchten

Autoguiding - aber wie?

Beitrag von Geronimo »

Das Thema ist schon des öfteren durchgekaut worden. Trotzdem möchte ich nochmal einen Thread starten, da mittlerweile wieder einige Einsteiger im Bord sind und sich im Bereich der Technik auch einiges getan hat.

Ich stelle hier mal verschiedene Möglichkeiten und Ausrüstungen zur Diskussion, natürlich mit dem Hintergedanken auch für mich eine Entscheidungshilfe zu bekommen.

Also:

1.
Autoguiding mittels einer Webcam und eines PC's. Hier wäre z.B. die ToCam oder der Nachfolger SPC900NC von Philips zu nennen, die von Hause aus schon eine Lichtstärke von ca. 0,1 Lux haben. Die Anbindung an einen PC ist leicht möglich. Entsprechende Guidingsoftware gibt es in Form von PHD-Guiding, Guidmaster, K3CCD-Tools etc.

2.
Anstelle der Webcam eine Videokamera oder ein Modul z.B. von Lechner mit einer Lichtstärke von 0,003Lux und dazu einen USB Video Grabber.
Auf der Seite von Lechner ist gleich noch ein PDF mit einer Umbauanleitung für dieses Videomodul für astronomische Zwecke.

3.
Standalone Guiding mittels einer fertigen Lösung wie z.B. LVI Smartguider
Preis ca. 428€. :shock:

4.
Standalone Guiding mittels einer "halbfertigen" Lösung. Wie z.B. der TV Guider. Bestellung ist wohl nur beim Hersteller selber möglich. Jedenfalls habe ich noch keine andere Bezugsquelle gefunden. Preislich mit Kamera dürfte er auch um ca. 450€ liegen.
Das unter 2. genannte Video Modul arbeitet wohl sehr gut mit diesem Guider zusammen.

5.
Standalone Autoguider selber basteln. Hier hat sich Daniel Weitendorf mal hingesetzt und eine sehr vielversprechende Alternative zu den fertigen Lösungen entwickelt. Wer Spaß am Basteln hat und mit dem Lötkolben umgehen kann, ist vielleicht mit dieser Lösung gut bedient.
VGuider. Auch hier läßt sich das unter 2. genannte Videomodul als Kamera verwenden.

Wenn man nun den Preisverfall der Subnotebooks betrachtet (Dell bietet derzeit einen Insipron mit 8,9" Display, 1,6Ghz, 1024MB Ram und 8GB Solid State Festplatte für 299€ an), dann bewegt man sich in der gleichen Preisklasse wie ein Standalone System (abgesehen von einer Selbstbaulösung). Gerätmäßig sind die Subnotebooks nicht viel größer, bieten aber den Vorteil zusätzlich noch Software wie CDC zu fahren und somit auch bei Systemen die zwar Goto-fähig sind, aber keinen eigenen Katalog haben, so ziemlich alles am Himmel zu finden, was man sucht. ;)
Die Standalone Systeme bieten hingegen den Vorteil des absolut notwendigen Minimums an Hardware, die man mitschleppen muß. Auch energietechnisch dürften sie unter dem Bedarf von Notebook gestützten Systemen liegen. Außerdem läuft man nicht so schnell Gefahr, mit dem Nachbarn in Streit zu geraten, weil das Notebook die mühsam erreichte Dunkeladaption wieder zunichte macht.

Es wäre interessant, wenn jeder mal seine Erfahrungen über das eigene Guiding hier aufführt.


CS Jochem
Entspreche ich der Masse, bin ich normal,
weil die Masse festlegt was normal ist.

Ich will nicht der Masse entsprechen.
UlrichW
Beiträge: 778
Registriert: Dienstag 10. Januar 2006, 14:07
Wohnort: Bottrop-Kirchhellen
Kontaktdaten:

Beitrag von UlrichW »

Hallo Geronimo,

leider hast Du nur die unwichtigsten 15% zum Thema Autoguiding genannt.
Welche Kamera und welche Steuerungsoftware ist erst einaml nebensächlich.

Viel wichtiger ist die Frage um die Guioderoptik, also entweder Leittrohr oder Off-Axis-Guider. Und dann kommt die Frage, welche Leitsterngrößen man braucht um seine Zielobjekte guiden zu können.

Fangen wir mit der Leitsterngröße an. In den Plejaden mit einer WebCam einen Leitstern zu finden ist keine Kunst. Willst Du aber z.B. einer der Galaxien um den großen Wagen fotografieren, wird es mit der Leitsternwahl äußerst knapp. Und selbst wenn Du einen finden solltest. muss er noch hell genug sein um ein sauberes Guiding machen zu können. Also bleibt nur der Schluss: Je lichtstärker die Guidercam desto zukunftsfähiger ist das Equipment.


Dann muss die Guidercam ja noch irgendwie Licht der Sterne bekommen. Da gibt es generell zwei Methoden:
a) Off-Axis: Ein kleiner Bereich des vom Hauptteleskop kommenden Bildes wird zur Seite ausgelenkt und der Kamera zugeführt. In diesem kleinen Bereich muss nun ein passender Leitstern sein. Ist dort keiner, muss der Ablenkspiegel im Strahlengang des Haupteleskopes solange an andere Positionen bewegt werden, bis ein Leitstern gefunden ist.

Je länger die Brennweite des Hauptteleskops ist, desto kleiner wird der Bereich um das Objekt in dem die Guidercam einen Leitsern finden muss und die GuiderCam muss sehr lichsttark sein um überhaupt einen Stern sehen zu können.
Hier gilt es auch, daß je größer die Hauptoptik, desto besser funktioniert das mit eher lichtschwachen Kameras.

Der Hauptvorteil in dem Off-Axis-Guiden (OAG) liegt darin, daß er jede Bewegung der Optik, der Mechanik usw.kompensiert. Eiersterne gibt es nur bei schlechten Guidingparametern der Guidersoftware oder bei schlechter Steuerung der Montierung. Insgesamt ist diese Art zu guiden sehr fehlerarm, aber in Punkto Leitsternsuche eine Qual, zumal DSLRs nur eine Position der Guidercam zulassen.

Mein Fazit: Ohne eine sehr teure hochempfindliche GuiderCam von SBig, Starlight oder anderen Herstellern ist OAG nicht wirklich gewinnbringend.

b) Leitrohr: Hier wird der Kamera über ein parallel zum Hauptteleskop befestigten zweiten Teleskop ein Bild des Sternenhimmels zugeführt. Abhängig von der "Größe", sprich Öffnung des Teleskops bepaart mit seiner Brennweite ergibt das z.T. ziemlich reiche AUswahl an Leitsternen. Hier kann man sich den Luxus erlauben, ein relativ kurzbrennweitiges Leitrohr (400-600mm) mit ansehnlicher Öffnung (80-120mm) zu benutzen, was auch für eine lichtschwächere GuiderCam meist genug leitsterne liefert.
Ein weiterer Vorteil liegt darin, im Falle das kein Leitstern vorhanden ist, man auch eine leichte Verschiebung des Leitrohres ausführen kann um einen Leitstern zu finden.

Abner diese Möglichkeit beinhaltet auch eine Reihe schwerwiegender Fehlerquellen, die zu beherrschen oft zum OAG führt wenn es um lange Brennweiten geht (ab 1000mm).

Leitrohrschellen: diese müssen absolut stabil sein (und nicht nur so aussehen) und das Leitrohr absolut sicher halten. Verbiegungen und Durchrutschungen um wenige 100stekl Millimeter führen zu Eiersternen.
Auch die Befestigung der Leitrohrschellen muss absolut fest sein. Geringe Lageveränderungen am Teleskop während einer langen belichtung führen zu gewaltigen Kräften die an den Befestigungselementen zerren.

Rohrschellen des Teleskops: sind diese unterdimensioniert, verbiegen sie sich während der Belichtung um wenige 100stel. Ergebnis ist trotz einwandfreiem Guiding die Buildung von Eiersternen.

Okularauszug, Spiegelzellem, Tubus: Auch das alles darf keinen deut nachgeben und ist entsprechend robust zu gestalten.

ABER: trotz mechanisch bombensicherer Ausführung kann es dennoch zu Eiersternen kommen. An der Frage woher das kommt, sind schon Generationen Verzweifelt. Das ganze Leitsystem bestehrt aus sovielen Komponenten, daß eine fehlerfreie Nachführung nur klappt, wenn alle Komponenten einwandfrei funktionieren. Und hierin liegt auch die Crux des Systems. Man neigt dazu, die Belichtungszeiten über das taugliche Maß hinaus auszudehnen.

Mein Fazit:

Bei Brennweiten bis 750mm: Leitrohr bei fast unbegrenzter Belichtungszeit

Bei Brennweiten bis 1000/1200mm : Leitrohr bei belichtungszeiten bis max. 15min, manchmal 20min. OAG bei längeren Belichtungszeiten

Bei Brennweiten über 1200mm bis etwa 2000mm: Leitroh bei Belichtungszeiten bis max. 5-8min, sonst OAG

Bei Brennweitenüber 2000mm OAG

Die Qualität der Montierung, Rohrschellen, Gewicht des Teleskops, Hebelarm usw. gehen in diese Betrachtung mit ein, und können die Angaben deutlich verschieben.



So, und nun gilt es das ganze mit der GuiderCam-Technologie zu kombinieren.

Was ich generell nicht mehr machen würde ist, eine WEBCam oder Lechner-Modul zu nehmen. Bei dem Preis einer ordentlichen GuiderCAm wie der ALCCD5 für 250 Euro incl. ST4-Ausgänge usw. ist eine derartige Kamera der einfachste Weg.

Eine WebCam geht für erste Versuche auch, wird aber sicher schnell ausgewechselt werden.

Was die neuen Stand-Alone-Guider betrifft hätte ich die vor zwei Jahren auch noch für toll gehalten. Heute weis ich, daß Leitsterne eine rare Sache sind, und da will ich sehen, wieweit ich daneben bin. Der Nachteil, daß man einen Läppi und eine Autobatterie mitnehmen muss fand ich früher auch für unakzeptabel. Leider belehrt einen die Sache selbst! Ohne gute Guidercam und ausreichend Strom sowie einem Laptop für die unterschiedlichsten Aufgaben ist man sehr limitiert. Ich brauche das Lappi sowieso wegen dem GOTO, also ist die Entscheidung für eine normale GuiderCam einfach gewesen.


Erfahrungen: Ich habe Autoguiding mit dem 10"er auf der G11 nie in den Griff bekommen. Trotz guten guidens der Guidercam gab es Eiersterne. Erst die schrittweise Umrüstung der Rohrschellen, Leitrohrschellen, Okularauszüge usw. ergab Verbesserungen, aber über 10min. war Guiding nicht drin. Das Guiding lief ausgezeichnet, keine Driften, keine Ausreisser usw.. Montierungsfehlerquellen müssten sich im Guiduing zeigen, zumal ich schon beim visuellen Guiding (Stern blieb immer zentral in der Mitte des hochauflösenden Fadebnkreuzokulares) Eiersterne bekam.
Sachdienliche Anfragen in verschiednen Foren ergaben die allgemeinen Sätze, die ich schon nicht mehr hören konnte. Aber eine Fehlerquelle wurde nie lokalisiert.

Dann hatte ich den ED80 drauf (mit Leitrohr und Zusatzgewicht, weil sonst zu leicht) Egal was man mit der Monti machte, der Stern blieb rund. Bei guter Tarierung konnte ohne weiteres 30min. belichtet werden.

Der neue 8"er, der troztz der geringeren Größe 16Kg (voll aufgerüstet) auf die Waage bringt, guidet ohne Probleme 15min, verliert aber wegen Materialausdehnung relativ schnell den Fokus. Durchbiegungen sind mir bisher nicht aufgefallen, aber warscheinlich (ED80 als Leitrohr) Allerdings ist in der Variante eine gute Tarierung der G11 ausschlaggebend. Das Equipment zeigt, wie wichtig stabile Befestigungen sind. In Südlage hängt der ED80 gewaltig an den beiden Baader-Prismenklemmen. Hier ist eine Verbiegung vorprogrammiert, zumal diese nur auf Holz der Martini-Schellen sitzen. Hier ist eine variable Umsetzung des Leitrohres anzusteben..nur wie????

Man sieht: Guiding und lange Belichtungszeiten (5min. sind zum Einstellen, Standard ist 10 oder 15min,. Ziel 30min.) fordern einen enormen Aufwand.

CS
Ulrich
Kein Stern ist so rund, daß ich ihn nicht eirig kriege und außerdem: schmutzig ist putzig!
Benutzeravatar
Starsearcher
Beiträge: 117
Registriert: Freitag 4. Juli 2008, 20:35
Wohnort: Tönisvorst - St.Tönis

Beitrag von Starsearcher »

Wenn man diese beiden Artikel als Newbie liest breitet sich erst
Frust aus, auch ein wenig Ernüchterung, aber dann auch Ansporn.
Ich habe immer schon überlegt, wie ich es anstellen kann, ein paar
Photonen in einem Bild festzuhalten, aber nun weis ich zumindest,
dank dieser beiden Beiträge, was mich erwartet, wenn ich in meinen
Geldbeutel schaue... :(

Nicht dass ich aufgebe, sondern ein Ziel setze, langsam einzusteigen,
meine eigenen Erfarungen sammle und mich dann nach und nach im
Equipmend verbessere.

Besten Dank für diese Beiträge und Dank für die aufschlussreichen
Links im oberen Beitrag :lol:


Gruss, Rolf.
Celestron C8 auf NEQ-3
mit 'SynScan' Nachrüstung
Philips SPC-900 SC-1 Eigenbau
WATEC 902H - AstroVideo
Benutzeravatar
Geronimo
Beiträge: 230
Registriert: Sonntag 18. Februar 2007, 21:41
Wohnort: Niederkrüchten

Beitrag von Geronimo »

Hallo Uli,

Danke für Dein ausführliches und informatives Posting.

Die AlCCD5 kannte ich noch nicht, daher hatte ich dieseMöglichkeit bei meinem ersten Posting nicht aufgeführt. Aber Du hast Recht. Wenn ich den Aufwand für eine Lösung mit einer mod. Web- oder Videocam betrachte, dann komme ich unterm Strich nicht viel günstiger weg als mit einer AlCCD oder ähnlich.

Damit steht für mich die Richtung auch fest.
Ich werde zuerst einige Versuche mit einer unmodifizierten Webcam machen. Ich habe noch zwei SPC900NC rumliegen und einen Adapter dafür habe ich auch. Das sollte fürs die ersten Gehversuche beim Autoguiding reichen. Als weiteres Ziel steht dann auch eine Alccd5 (oder ähnlich) auf dem Plan.

CS Jochem
Entspreche ich der Masse, bin ich normal,
weil die Masse festlegt was normal ist.

Ich will nicht der Masse entsprechen.
Benutzeravatar
tommy
Beiträge: 1439
Registriert: Montag 2. Juli 2007, 17:03
Wohnort: Düsseldorf

Beitrag von tommy »

Hallo,

ich möchte mich einmal unqualifiziert zum Thema melden.

Ich habe da folgendes bei ASA entdeckt. OK, OK, wenn nicht der Lottogeweinn kommt, dann ist das eh außer Reichweite, ABER nett ist das schon...

http://www.astrosysteme.at/de/montierung.html

Sollten damit die Nachführprobleme beseitigt sein? Ist das Direktgetriebe das Motto der Stunde?

JüLü, hast Du da nicht schon eine Idee, wie man soetwas basteln könnte? UND nun aber GAAANZ schnell wech... geduckt natürlich!

Gruß
Thomas
T aus D
Je größer der Dachschaden, desto besser der Blick auf die Sterne!
UlrichW
Beiträge: 778
Registriert: Dienstag 10. Januar 2006, 14:07
Wohnort: Bottrop-Kirchhellen
Kontaktdaten:

Beitrag von UlrichW »

Hallo Tommy,

Direktantriebe haben Vorteile in der Minimierung der Gesamtfehler, aber keinerlei Vorteil bei mies aufgestellter Montierung. Guiden dient nur zu einem Teil dazu die periodischen und unperiodischen fejler eines Montierungsantriebes zu beseitigen. Zu einem weiteren Teil soll damit auch eine eventuell fehlerhadftte Aufstellung (DEC-Drift) oder die unumgängliche synchronisation zwischen Erddrehung und Motorgeschwindigkeit ausgeglichen werden. Zum Teil kann man damit sogar das Seeing etwas "wegguiden", allerdings nur wen das seeing grottenschlecht ist (dann tanzt der Stern hin und her. Bei besserem Seeing bläht sich der Stern nur unrythmisch auf.

Es gibt übrigens noch einen wichtigen Grund für die ASA-Direktantriebe: Montierungen in der Preis- und Tragklasse mit indirekten Antrieben gibt es genug! Wo also ist die Marktniesche, wenn man nicht ein neues Antriebskonzept einbaut?

CS
Ulrich
Kein Stern ist so rund, daß ich ihn nicht eirig kriege und außerdem: schmutzig ist putzig!
Antworten